Stern-Podcast „Die Diagnose“ mit Dr. Helge Jens Folge zur Körperhdysmorphobie

Körperhdysmorphobie

Viele Menschen können ihren Körper nicht so akzeptieren, wie er ist. Vor allem Frauen entdecken häufig etwas, das stört oder nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht. Aber auch immer mehr Männer sind mit ihrem Äußeren unzufrieden. Hinter dieser Unzufriedenheit steckt in manchen Fällen eine psychische Erkrankung: die körperdysmorphe Störung (body dysmorphic disorder) oder Dysmorphophobie. Sie ist klinisch gekennzeichnet durch eine übermäßige Beschäftigung mit einem eingebildeten Mangel oder einer befürchteten Entstellung der äußeren Erscheinung, die anderen Menschen überhaupt nicht auffällt.

Die oft gewünschte kosmetische Operation bringt den Patienten kaum Erleichterung. Die Ärzte erkennen die Störung meist nicht. Die meisten Betroffenen verstehen die psychischen Gründe nicht.

Mit dieser Problematik beschäftigt sich der Stern-Podcast “Die Diagnose” mit Dr. Helge Jens.

Was passiert bei einer körperdysmorphen Störung?

Menschen mit körperdysmorpher Störung sehen sich als entstellt an Gesicht oder Körper. Sie fixieren sich auf Haut, Form von Gesichts- oder Körperteilen und versuchen sie zu verdecken. Sie suchen ständig Bestätigung und Vergleich für ihr Aussehen, stylen sich exzessiv oder manipulieren ihre Haut. Viele vermeiden Spiegel, Berührungen oder andere Menschen, um Abwertung oder Demütigung zu entgehen. Diese Verhaltensweisen sind zeitintensiv und zwanghaft.

Die Symptome zeigen sich in Handlungen wie dem ständigen Vergleichen oder Betrachten des eigenen Aussehens, dem Suchen nach Bestätigung oder dem Tasten der angeblichen Makel sowie dem Meiden von Spiegelbildern, sozialen Situationen oder dem Verschleiern des Defekts. Diese Handlungen sollen die Furcht lindern, hässlich zu wirken. Doch die Furcht bleibt.

Oft glauben die Betroffenen wahnhaft, dass der Mangel sie entstellt. Sie leiden unter Störungen der Wahrnehmung (Halluzinationen, Illusionen) und des Denkens (übermächtige Ideen, Verfolgungswahn, aber auch Krankheitseinsicht).

Die körperdysmorphe Störung verursacht großes Leid und Probleme in verschiedenen Lebensbereichen. Die Betroffenen können sozial abgeschottet, hilflos, hoffnungslos, depressiv oder suizidal werden.

Warum wird das Thema immer aktueller?

Die körperdysmorphe Störung wird zunehmend relevant in einer Gesellschaft, die viel Wert auf körperliche Schönheit legt und diese zum Kaufen anbietet. Auf dem Markt gibt es immer mehr Anbieter, die sich in den Bereichen der Schönheitschirurgie und -kosmetik betätigen, aber oft unzureichend qualifiziert und erfahren sind. Sie wollen von einer wachsenden Nachfrage profitieren. Gerade Personen mit einer körperdysmorphen Störung geraten leicht in ihre Hände, ohne dass sie dadurch eine Besserung ihrer seelischen Beschwerden erlangen.

Ausbildung und Qualifikation entscheidend

Es ist wichtig, dass jeder behandelnde Facharzt auch Verantwortung für die psychische Gesundheit seiner Patienten übernimmt. Eine umfassende Ausbildung und Qualifikation hilft, dass ein behandelnder Facharzt erkennen kann, ob ein Patient unter einer körperdysmorphen Störung leidet und bei Bedarf die notwendigen Schritte unternimmt. Dazu gehört, den Patienten über die Risiken und Grenzen einer kosmetischen Operation aufzuklären, ihn an einen Psychotherapeuten zu verweisen oder ihm eine medikamentöse Behandlung anzubieten. Eine solche Vorgehensweise kann verhindern, dass sich die Störung verschlimmert oder zu weiteren Komplikationen führt.